R.I.P. bezeichnet ein Akronym, das aus dem englischen Wortschatz stammt. Die Abkürzung steht für Rest in Peace und bedeutet übersetzt so viel wie Ruhe in Frieden. Die Inschrift wird häufig für Gräber genutzt, allerdings ist sie auch oft im Internet zu finden – wie zum Beispiel als Trauerbekundungen oder unter Todesmeldungen.
Die Abkürzung R.I.P. hat Ihren Ursprung aus dem Lateinischen und steht für Requiescat in peace. Dieser Ausspruch ist auf den Psalm 4,9 zurückzuführen. Jener stammt wiederum aus der Übertragung der Vulgata: Hier wurde der Begriff in pace in idipsum dormiam et requiescam (in Frieden leg ich mich nieder und schlafe ein) genutzt.
Virtuelle Trauerseiten für Verstorbene – die sogenannten Internet-Friedhöfe – sind ein wenig erforschtes Thema. Ihren Ursprung haben sie erst zum Ende des 20. Jh., doch bereits heute bestehen sie in verschiedenen Ausprägungen. Die virtuellen Memorials existiren mittlerweile nicht nur für Menschen, sondern auch zunehmend für Haustiere. In diesem Beitrag erläutern wir die Hintergründe, wie sich der virtuelle Ort für Erinnerung und Tod ansiedeln und entwickeln konnte.
Die zwischenmenschliche Kommunikation kann dank neuer Medien seit Ende des zwanzigsten Jahrhunderts durch räumliche Abstände nicht mehr begrenzt werden. Wer einen Zugang zum Internet hat, kann Nachrichten in Sekundenschnelle an Menschen aus allen Ecken der Welt senden – selbstverständlich unter der Voraussetzung, dass diese Menschen ebenfalls einen Internetanschluss besitzen. Der Gegenstand des Totengedenken konnte sich im Internet schnell wiederfinden und durch die sich rasant ändernden gesellschaftlichen Lebensverhältnisse zunehmend an Bedeutung gewinnen. Die innovative Kommunikationstechnik wurde zunächst genutzt, um bestimmte Informationen zu vermitteln (beispielsweise Informationen kommerzieller Art) sowie um neue Informationen zu erstellen (in Form von Foren, E-Mails oder Chats). Selbst die Thematik Friedhof und Tod wurde über das virtuelle Netz durch Präsentationen der einzelnen Unternehmen (Bestatter, Steinmetze, Friedhofsgärtner etc.) in Verbindung gebracht. Die Einrichtung von virtuellen Gräbern stellt also eine neue Form der Dienstleistung im Internet dar. Derartige Erinnerungsstätten ohne einen festen Ort deuten auf den Trend, dass die Trauerzeit immer weniger an klassische Friedhöfe gebunden ist.
Die postindustrielle Epoche zeichnet sich durch kulturelle, technische und gesellschaftliche Veränderungen aus: Diese haben die Verhaltens- und Denkweisen im Laufe der Jahre entscheidend verändert. Neben den gewohnten Institutionen entstanden neue Lebenswelten, welche mit Stichwörtern wie ziviles Engagement, Individualität, Pluralität und Flexibilität charakterisiert werden. Diese Entwicklungen veränderten selbstverständlich auch den Umgang mit dem Tod.
Job-Denken statt lebenslange Berufstätigkeit, verringerte Lebens- und Wochenarbeitszeit, nachlassende Bedeutung familiärer Beziehungen, Möglichkeiten zur Kommunikation über alle räumlichen Barrieren hinweg und schnell wachsende Mobilität waren für die Veränderung aller wirtschaftlichen und sozialen Koordinaten verantwortlich. Die Entwicklungen und Folgen im Umgang mit dem Thema Tod wirkten sich dabei unterschiedlich aus. Neben der Expansion von anonymen Bestattungen auf zeichen- und namenlosen Rasenbeisetzungen entstanden völlig neue Orte der Erinnerung und Trauer, wie die virtuellen Erinnerungsstätten im Internet. Öffentliche und private Auseinandersetzungen werden durch virtuelle Friedhöfe als Teile eines globalen Kommunikationsnetzes mit der Thematik Tod in eine neue Beziehung zueinandergestellt. Daher stellen sie einen kulturellen und sozialen Indikator für gegenwärtige Trauer- und Erinnerungskulturen dar.
Der Trend der anonymen Bestattungen wird vor allem durch die erhöhte Mobilität unserer Gesellschaft (und der damit verbundenen Abwendung vom Heimatort) verstärkt. Der Grund dafür: Die Wege, die die Hinterbliebenen zu den echten Grabstätten zurücklegen müssen, werden immer größer. Die Anzahl der Gedenkseiten im Internet, die die herkömmlichen Trauerorte ablösen könnten, steigt somit ergänzend.
Ein weiterer Aspekt, der eine Verlagerung beziehungsweise Ausweitung des Totengedenkens ins Netz fördert, sind Alternativen, die sich stellvertretend ausbreiten und entwickeln konnten, um eine soziale Erinnerung an die Verstorbenen zu bewahren: Bücher, Filme, Fotografien, Video- und Tonaufnahmen und weitere Kulturprodukte, aber auch Begebenheiten aus dem Alltag, wie zum Beispiel Organisationen, die von ihren Urhebern verkünden.
Es werden heute tatsächlich immer mehr alltägliche Aktivitäten von Bankgeschäften über das Einkaufen bis hin zum Schriftverkehr in Deutschland über das Netz erledigt. Somit wird das Internet immer mehr zum wichtigen Teil des gesellschaftlichen Lebens und immer mehr Nutzer bauen sich online ihre persönliche virtuelle Welt auf.
Friedhöfe haben eine ewig lange Tradition und stellen einen Anlaufpunkt für alle Menschen dar, die eine geliebte Person verloren haben und diese nun betrauern. Im Laufe der technologischen Fortschritte konnte allerdings vor einigen Jahren eine innovative Form des Friedhofs entstehen: der Internetfriedhof.
In den Vereinigten Staaten von Amerika entstanden zu Beginn der 90er Jahre die ersten virtuellen Friedhöfe. Auf diese Weise wurde das Internet schon in seinen Anfangszeiten als Plattform für Hinterbliebene genutzt, obwohl virtuellen Gedenkseiten nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Solche Online-Friedhöfe sind heutzutage auch in Deutschland und vielen weiteren Ländern bekannt und werden immer aktiver genutzt. Eine Online-Grabstätte stellt eine perfekte Ergänzung zu einer realen Grabstätte auf dem Friedhof dar.
Auf einer virtuellen Gedenkseite können Trauernde virtuelle Gräber für ihre Verstorbenen anlegen, wodurch ihnen eine Online-Trauerstelle zur Verfügung gestellt wird. Die Online-Grabstelle kann in der Regel individuell gestaltet werden, was zudem neue Kommunikationsmöglichkeiten eröffnet. Weitere Personen, die ebenfalls um die Verstorbenen trauern, können ihre Grüße hinterlassen und auf diese Weise mit anderen Hinterbliebenen in Kontakt treten, für die der Tod des verstorbenen ebenfalls einen großen Verlust darstellt. Auf einer virtuellen Grabstätte kann man der eigenen Trauer eine öffentliche Äußerung schenken, sich an die Verstorbenen erinnern und den Schmerz gemeinsam mit anderen Trauernden überwinden.
Welche Rückschlüsse können aus dem Entstehen von virtuellen Friedhöfen gezogen werden? Die Religion hat die Funktion einer zentralen Instanz von allgemeinsinnlichen Bedeutungen in säkularer gewordenen Zeiten verloren: Die Kommunikation über Trauer und Tod ist deswegen schwieriger geworden. Es fehlen entsprechende Sinnhorizonte, welche im Alltag zu passenden Verhaltensmustern und Ritualen führen und kulturelle Unterschiede aufweisen. In früheren Zeiten nahmen ganze Dorfgemeinschaften ans Trauer- und Sterbeprozessen Anteil – Einzelne aus dieser Gemeinschaft wurden begleitet und nicht alleine gelassen. Dies beschränkt sich heute auf einen engen Familienkreis. Aber selbst hier werden kommunikative Handlungsweisen oder selbstverständliche Rituale nur teilweise durchgeführt oder fehlen gänzlich. Als Folge dessen suchen Hinterbliebene nach Möglichkeiten, ihre individuellen Formen der Trauer zum Ausdruck zu bringen. Im Netz treffen sie auf Nutzer aus aller Welt, mit denen sie ihre Bewältigung des Todes teilen können. Auf diese Art und Weise werden funktionale Defizite der realen Welt kompensiert. Virtuelle Gedenkstätten stellen insofern eine Ergänzung zum Umgang mit Trauer und Tod in der Realwelt dar. Eine Verbindung der beiden Welten findet dadurch statt, dass die QR-Codes an den Grabsteinen auf den Online Friedhof der Verstorbenen im Netz verweisen.
Die Einrichtung einer Online-Grabstätte ist für Personen, die sich im Netz gut auskennen, ziemlich einfach. In der Regel werden nur eine Kopie der Todesurkunde und eine aktive E-Mail Adresse benötigt. Anfangs dominierten nicht kostenfreie Angebote, doch heute verlangen die meisten Anbieter gewisse Gebühren für ihre Dienstleistung. Diese müssen entweder einmalig oder mehrmals bezahlt werden, doch die Preise sind viel geringer als bei echten Friedhöfen. Die Kosten hängen selbstverständlich von der Ausstattung und dem Umfang der Memorials ab. Die Gestaltung eines Memorials kann dabei stark variieren: Von einer einfachen Textwiedergabe kommt sie sogar bis zu einer professionellen grafischen Darstellung von Gedenkseiten mit verschiedenen Untermenüs zu den persönlichen Vorlieben der Verstorbenen, ihrer Biografie, ihren Reflexionen, Hobbys, persönlichen Vorlieben uvm.. Darüber hinaus werden auf vielen Seiten Musik und Videoaufnahmen abgespielt.
Als zusätzliche Erweiterung zu Zeitungsanzeigen und klassischen Grabinschriften gibt es Rubriken wie zum Beispiel Lieblingskochrezepte, die letzten Worte oder Wünsche des Verstorbenen, Tagebucheinträge etc.. Es gibt ebenfalls eine besondere Form der Memorials für berühmte Personen wie Politiker, Sänger, Schauspieler oder Herrscherhäuser, die neben abstrakten Nachrufen (Alkohol- und Tabakopfer) oder Erinnerungseinträgen auch von Massenunglücken bestehen. Dabei fallen die Darstellungen unterschiedlich aus: Es bestehen Webseiten, die nach Alter oder alphabetisch angeordnet sind, aber auch religiöse und geografische Merkmale spielen bei der Auflistung eine zentrale Rolle. Das Design ist häufig durch Blumen oder Landschaften geprägt, um eine Atmosphäre wie am Friedhof nachzuahmen beziehungsweise vorzutäuschen.
Menschen, die bereits mit einem Onlinefriedhof in Berührung gekommen sind, betreiben entweder eine virtuelle Gedenkseite, nutzen die Memorials oder besuchen die Seiten aus weiteren Gründen. Die Betreiber von einem Netzfriedhof nennen mehrere Motive, die mit kommerziellen und persönlichen Interessen verknüpft sind. Somit können zum einen persönliche Erfahrungen als Anstoß gesehen werden, wie zum Beispiel ein Trauerfall in der Umgebung, der einer bestimmten Person die Idee gegeben hat, eine virtuelle Gedenkstätte zu erstellen und diese mit der Zeit zu erweitern. Zum anderen können mit virtuellen Friedhöfen Erweiterungen des klassischen Angebots und gleichzeitig Werbeangebote für Bestattungsunternehmen geschaffen werden.
Neben den erwähnten Vorzügen ist ein essenzielles Motiv der Erstellung von virtuellen Friedhöfen die Absicht, die Individualität und Persönlichkeit der Verstorbenen darzustellen. Dabei können die Gestaltungsmöglichkeiten beim selben Dienstleister völlig verschiedene und individuelle Ergebnisse erzielen. Wissenschaftler haben darüber hinaus folgenden Unterschied zu realen Grabstätten festgestellt, die die Nutzer überzeugt: Die institutionellen und traditionellen Medien des Gedenkens unterliegen einer bestimmten Standardisierung und Fremdbestimmung. Im virtuellen Memorial werden hingegen Experimentierfreude, Fantasie, individuelle Gestaltungsmöglichkeiten und Technikbegeisterung der Benutzer frei ausgelebt. Profane und religiöse Elemente werden somit natürlich miteinander kombiniert.
Ein zusätzliches Motiv für die Nutzung von virtuellen Erinnerungsseiten bildet die Ausdruckskraft von Verlusterfahrungen. Hinterbliebene stellen ihre persönliche Verbundenheit mit dem Verstorbenen auf vielfältige Art und Weise dar, wie zum Beispiel durch Beteuerungen von Trauer und Liebe, durch persönliche Anrede oder durch die Beschreibung von gemeinsamen Erlebnissen. Da virtuelle Trauerseiten eine relativ neue Form darstellen, werden auch häufig nachträgliche Memorials eingerichtet, falls die Personen vor einer langen Zeit verstorben sind. In diesem Fall nutzen sie Hinterbliebene oft dazu, nachträgliche Aussprachen vorzuspielen, einen endgültigen Abschied nachzuholen oder Versäumnisse aufzuarbeiten. Die virtuellen Gräber wirken wie beim Kollektiven so auch beim individuellen Durchleben von Trauer unterstützend. Sie machen Gefühle und Erinnerungen mittelbar und bewusst, wecken Empathie und lösen soziale Rückmeldungen aus.
Trauernde können sich auf Gedenkseiten miteinander Austauschen, Pixelblumen an die virtuellen Gräber niederlegen, symbolisch eine Kerze anzünden und Kondolenzen hinterlassen. Einige Softwarehersteller bieten Bestattern an, eine derartige Trauersite in ihre Internetpräsenz zu integrieren. Damit wird der Trauergemeinschaft ermöglicht, ihren Schmerz auszudrücken, die Hinterbliebenen zu trösten und die Verstorbenen in ehrender Erinnerung zu behalten.
Die Mobilisierung im 21. Jh. hat einen eigenwilligen Einfluss auf die Raumgedanken, die mit dem Tod, Sterben, der Erinnerung und der Trauer verknüpft sind. Während sich klassische Graber auf den lokalen Friedhöfen befinden, leben Familien heutzutage oft über größere Wegstrecken voneinander entfernt. Ein Familienmodell kann schon lange nicht mehr lokal definiert werden: Ihr übriges tun soziale Zwänge, die zu einer stärkeren Mobilität führen. Die virtuelle Verbundenheit steigt damit parallel, denn durch das mobile Internet ist die Kommunikation mit weiteren Hinterbliebenen fast immer und überall verfügbar. Diese Kontakte gehen über traditionelle Kommunikationsvorstellungen (Telefon, Brief usw.) bereits weit hinaus. Mit den heutigen Kommunikationsmöglichkeiten ist die Autonomie der Benutzer erheblich stärker.
Online-Gedenkseiten und virtuelle Friedhöfe können den klassischen Friedhof in physischer Hinsicht natürlich nicht ersetzen, da der reale Körper bestehen bleibt. Ausgegangen wird vielmehr von einer stärker werdenden Unterscheidung zwischen dem Beisetzungsort und dem Trauerort. Das endgültige Loslassen der verstorbenen Person wird durch die dauerhafte Anwesenheit im virtuellen Raum einerseits erschwert, anderseits ermöglicht eine Kommunikation mit der digitalen Präsenz des Verstorbenen (beispielsweise durch ein digitales Kondolenzbuch) eine effiziente Unterstützung im Trauerprozess.
Virtuelle Gedenkportale ähneln auf den ersten Blick ozialen Netzwerken. Häufig werden Sie auch als Facebook für Verstorbene bezeichnet. Für Hinterbliebene eröffnen sie die Möglichkeit, Fotos und Videos aus dem Leben des Verstorbenen sowie seine privaten Angaben zu veröffentlichen. Des Weiteren kann ebenfalls die Stimme des Verstorbenen in die Erinnerungsseite eingebracht werden. Die Online-Grabstellen können individuell gestaltet werden, wobei sich die Trauernden an keine Vorschriften traditioneller und kultureller Institutionen halten müssen. Für die Gestaltungsmöglichkeiten stellen viele Gedenkplattformen traditionelle religiöse Riten und Symbole zur Verfügung. Auf diese Weise können sie der aktuellen Trauerphase der Hinterbliebenen beziehungsweise der aktuellen Gefühlslage jederzeit angepasst werden.
Die Erinnerungen werden zudem aus vielen verschiedenen Perspektiven generiert. Durch den öffentlichen Zugang im Netz ist es für jeden möglich, die eigene Trauer auszudrücken, an dieser Anteil zu nehmen und über die Gefühle und Erinnerungen gemeinsam zu kommunizieren. Die Erinnerungsperspektiven, die beim Kondolieren oder beim Gästebucheintragen hinterlassen worden sind, stellen unterschiedliche Identitätsfacetten des Verstorbenen dar. Die Erinnerungsseiten müssen in keiner unmittelbaren zeitlichen Beziehung zum Todesdatum der Verstorbenen stehen und können sogar eine lange Zeit danach angelegt werden. Im Gesamten stellen die Plattformen ein Medium des gemeinsamen Erinnerns bereit – dabei erfahren die Nutzer keinerlei Einschränkung durch Raum und Zeit. Wenn man auf die Möglichkeit der öffentlichen Wiedergabe des Verstorbenen schaut, erkennt man, dass diese sehr unterschiedlich genutzt werden. Neben den Portalen, die ausschließlich einen Namen, ein Geburts- und Todesdatum wiedergeben, werden auf den meisten Erinnerungsseiten besondere Eigenschaften der Verstorbenen hervorgehoben. Ab und an werden selbst die weniger guten Charakteristika von einigen Hinterbliebenen genannt. Augenfällig ist vor allem, dass einige Einträge, die mit dem Tod und der schmerzhaften Erfahrung verbunden sind, selbst Jahrzehnte nach dem Verlust thematisiert werden – die Trauer scheint kein Ende zu haben.
Auf vielen Gedenkseiten wird gleichzeitig die tief empfundene Liebe beschrieben. Viele virtuelle Grabstellen verdeutlichen, dass die intime Bindung der Hinterbliebenen zu verstorbenen Person nicht beendet wurde, sondern über eine virtuelle Darstellung weitergepflegt wird. Die Verstorbenen werden trotz physischer Abwesenheit virtuell als kommunikatives Gegenüber angesprochen. Feste, wie zum Beispiel Hochzeitstage, Weihnachten oder Geburtstage sind Anlässe für eine virtuelle Kommunikation mit dem Verstorbenen. Ehemalige, die freiwillig aus dem Leben ausgeschieden sind, werden nach den Gründen für ein Suizid gefragt. Die Vorstellung vom Weiterleben nach dem Tod wird häufig mit Begriffen Paradies, Himmel, Engel u. Ä. ausgedrückt. Verstorbene werden von Hinterbliebenen oft als Schutzengel bezeichnet – auf diese Weise behalten sie ihre Funktion für das Leben der Trauernden. Vom Tod wird gleichzeitig oftmals als Übergang in eine neue Welt und als Erlösung gesprochen.
Während einige Personen virtuelle Friedhöfe als makaber bezeichnen, sind andere von deren Vorteilen überzeugt: Ein virtuelles Denkmal setzen ist aus jeder Ecke der Welt und jederzeit machbar. Die Online-Grabstätte oder die Erinnerungsseite bilden gemeinsam einen Ort zum Trauern – eine optimale Lösung, wenn das reale Grab mehrere Hundert Kilometer entfernt ist oder wenn eine anonyme Bestattung durchgeführt wurde. Virtuelle Friedhöfe lassen sich viel persönlicher gestalten als echte Grabstätten, die an finanzielle Möglichkeiten und äußere Vorgaben gebunden sind. Darüber hinaus stellen sie einen Treffpunkt für Familienangehörige und Freunde dar, die Ihre Emotionen, persönliche Dokumente, Fotos und Videos austauschen. Selbst Rezepte und Lieblingslieder sowie Familienstammbäume finden auf den Portalen ihren Platz. Im Vergleich zur Todesanzeige bleibt die Erinnerungsseite für viele Jahrzehnte einsehbar.
Es drängen sich dennoch einige Fragen auf: Darf man für jeden ein virtuelles Grab einrichten? Wer hat das Recht, das virtuelle Gedenken an den Verstorbenen öffentlich zu machen. Muss der Verstorbene vor seinem Tod einer virtuellen Grabstätte zustimmen? Was dürfen Hinterbliebene über den Verstorbenen veröffentlichen und was ist aus Respekt verboten? Gelten postmortale Persönlichkeitsrechte auf einem virtuellen Friedhof? Ist ein verstorbener, der viele virtuelle Kerzen angezündet bekommen hat und viele Einträge im Kondolenzbuch erhält, mehr wert als Verstorbene, die nur wenige Besuche an seiner Online-Grabstelle verzeichnen konnte?
Gerade solche und weitere ähnliche Fragen machen die Beschäftigung mit dem Thema virtuelle Grabstätten spannend: Sie liefern wichtige Impulse für ein Nachdenken über Tod, Trauer, Überwindung und Erinnerung.